Einführung

Wie in allen anderen Lebensbereichen haben Industrialisierung und Mechanisierung auch in der Landwirtschaft große Veränderungen hervorgerufen. Die landwirtschaftliche Produktion konnte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erheblich gesteigert werden, während gleichzeitig die Zahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft kontinuierlich sank. In Westfalen betrug der Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung um 1850 61,6%, 1980 nur noch 2,3%. Höfe, die noch um 1950 neben den Familienmitgliedern zwei ständige Arbeitskräfte und im Bedarfsfall Heuerleute beschäftigten, werden heute als Einmannbetrieb bewirtschaftet.

Diese Entwicklung ist nicht zuletzt auf den Einsatz von Maschinen in der Landwirtschaft zurückzuführen. Eine Schlüsselrolle beim Maschineneinsatz spielt der Traktor (Schlepper), der heute für sämtliche Außenarbeiten und Transporte eingesetzt wird. Ausgestattet mit Zapfwelle, Frontlader und hydraulisch betätigten Anbaumöglichkeiten für zahlreiche Bodenbearbeitungsgeräte ist diese vielseitige "Kraftzentrale" aus der modernen Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken.

Der Traktor steht auch im Mittelpunkt der Ausstellung des Traktorenmuseums. Der erste Teil der Ausstellung, der in der ersten Ausstellungshalle untergebracht ist, steht unter der Überschrift "Die Mechanisierung der Landwirtschaft". Dieses Thema umfaßt im weiteren Sinne den Einsatz von mechanischen Hilfsmitteln in allen Bereichen der Landwirtschaft, angefangen vom Pflug, der bereits seit Jahrtausenden in der Landwirtschaft verwendet wird, bis zur Melkmaschine. Die Ausstellung konzentriert sich auf einen wesentlichen Teil dieses Themas, auf die Antriebstechnik.

Von der Weiterentwicklung der Antriebstechnik gingen wichtige Impulse für die Mechanisierung der Landwirtschaft aus. Erst durch sie haben die traditionellen Methoden der Landwirtschaft eine qualitative Änderung erfahren. Viele Produktionsverfahren wurden nur durch die moderne Technik ermöglicht.

Das Traktorenmuseum zeigt die verschiedenen Entwicklungsstufen der Antriebstechnik, den pferdegetriebenen Göpel, die Lokomobile, vor allem aber den Schlepper, von seinen Anfängen als "fahrbarer Stationärmotor" und Zugpferdersatz bis zur modernen Universalmaschine. Bei der Präsentation konnten nicht alle technischen Besonderheiten im Schlepperbau berücksichtigt werden, ebensowenig die Maschinen, die für landwirtschaftliche Zwecke konstruiert wurden, bevor sich die Entwicklung auf den Schlepperbau konzentrierte.

Es ist aber auch nicht das Ziel dieser Ausstellungseinheit, Raritäten zu präsentieren. Im Laufe seines Rundganges durch die erste Ausstellungshalle lernt der Besucher die Antriebsmaschinen kennen, die sich in der landwirtschaftlichen Praxis bewährt haben. Durch die Auswahl der Maschinen sollen grundlegende technische Weiterentwicklungen dokumentiert werden. Dazu zählt auch etwas scheinbar so Einfaches wie die Luftbereifung.

Die Kombination von Antriebsmaschinen mit angetriebenen oder angehängten Geräten und die Darstellung typischer Arbeitssituationen auf Großfotos soll deutlich machen, wie die Mobilität und vielseitige Einsetzbarkeit der Antriebsmaschinen gesteigert wurde, bis da Ziel der Vollmotorisierung erreicht war.

Die technische Vielfalt im Schlepperbau repräsentieren die Exponate in der zweiten Ausstellungshalle. Fünf Lanz-Bulldogs dokumentieren die Geschichte des populärsten und erfolgreichsten deutschen Schleppers, Straßen- und Ackerschlepper der Firmen Deutz und Hanomag, ein Güldner-Bauernschlepper und ein Ursus-Weinbergschlepper zeigen die Vielseitigkeit des Traktors, sowohl in Bezug auf seine Einsatzmöglichkeiten, als auch hinsichtlich der Unterschiede in Bauweise, Motorenart, Kühlung, usw.

Die meisten Maschinen stammen aus der Umgebung von Westerkappeln und sind bis zu ihrer Ablösung durch moderne Maschinen landwirtschaftlich genutzt worden. Ein Blick auf die Herstellungsjahre der ausgestellten Traktoren zeigt, daß technisch weit entwickelte Schlepper häufig schon lange zur Verfügung standen, bevor ihr Einsatz in Westfalen üblich wurde. Das gilt zum Beispiel für den Bauernschlepper, der schon um 1935 von mehreren Firmen gebaut worden war, seinen Siegeszug auf deutschen Bauernhöfen aber erst Anfang der fünfziger Jahre antrat. Für die Verbreitung von Landmaschinen war nicht nur ihr technischer Standard maßgeblich, auch die wirtschaftliche und politische Situation schuf wichtige Voraussetzungen für Fortschritte oder Rückschritte auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Mechanisierung.

In den folgenden Erläuterungen zu den Ausstellungseinheiten des Traktorenmuseums werden daher die politischen Prozesse und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die mit der "Revolution auf dem Acker" in Zusammenhang standen, immer berücksichtigt.

Zuvor sollen einige grundsätzliche Probleme, die sich aus den Besonderheiten der landwirtschaftlichen Betriebsführung ergaben und Entwicklung und Einsatz von Landmaschinen schwierig machten, kurz skizziert werden.

 

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